Die Geschichte des Goethe-Quartiers
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Das Goethe-Quartier wird Sanierungsgebiet
Die Ursachen für Lücken in den Blockrändern, die nach 1945 entstanden sind, sind vielfältig. Oft fehlte es den Eigentümern in den Jahren nach dem Krieg an den finanziellen Mitteln für notwendige Instandsetzungs- und Sanierungsmaßnahmen. Die Gebäude verwahrlosten.
In der Zeit von 1959-1962 erarbeitete der Architekt und Stadtplaner Ernst May
im Auftrag des Magistrats der Stadt Bremerhaven den "Generalbebauungsplan Bremerhaven" (May-Plan). Wäre sein Plan in die Realität umgesetzt worden, dann hätte das den Abriss des kompletten Goethe-Quartiers zur Folge gehabt. Auf der abgeräumten Fläche hätte ein Neubaugebiet mit in Grünanlagen eingebetteten, freistehenden Wohnblöcken entstehen sollen. Dafür hätten 17000 Menschen umgesiedelt werden müssen.
Glücklicherweise ist der May-Plan für das Goethe-Quartier nie verwirklicht worden. Die um die Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert entstandene, großflächig zusammenhängende Blockrand-Bebauung im Stil des Historismus, hat den Zweiten Weltkrieg nahezu unbeschadet überstanden. Sie vermittelt in Norddeutschland ein einmaliges Beispiel für die Architektur von Handwerker- und Arbeiterhäusern, deren Bauherren die Häuser mit Schmuckelementen von Patrizierhäusern aus vergangenen Epochen herausputzten -
ein Alleinstellungsmerkmal für das Goethe-Quartier.
1972 wurde die "GEWOS" (Gesellschaft für Wohnungsbau und Siedlungswesen), eine Tochtergesellschaft der "Neue Heimat" (heute Gewoba) mit der Planung für eine umfassende Sanierung des Goethe-Quartiers beauftragt. Sie legte Ende 1974 ihr Gutachten mit Plänen und Berechnungen zu verschiedenen Alternativen vor. Ende 1976 beschloss die Stadtverordnetenversammlung förmlich die Festlegung des Sanierungsgebietes und beauftragte die "Neue Heimat" als Sanierungsträger mit der Durchführung der Sanierungsmaßnahmen.
Die Arbeiten im Sanierungsgebiet wurden im Zeitraum zwischen 1977 und 1992 ausgeführt. Mit Fördermitteln des Bundes und der Stadt Bremerhaven wurden Wohnungen modernisiert und neuer Wohnraum geschaffen. Neue Kinderspielplätze entstanden. Durch Blockentkernung verbesserte sich für die Bewohner der umgebenden Häuser die Situation in vielen Hinterhöfen. Von den damaligen Stadtplanern als "störend" empfundene Gewerbebetriebe wurden umgesiedelt.
Ein Abschnitt der Goethestraße, sowie die meisten angrenzenden Abschnitte der Seitenstraßen wurden zu verkehrsberuhigten Bereichen umgebaut. Im Rahmen dieser Maßnahmen wurden in der Goethestraße auch die Vorgärten mit ihren schmiedeeisernen Zäunen aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg wiederhergestellt. Eine vorrangige Vorgabe für die städtebaulichen Eingriffe und Veränderungen war der Erhalt des ursprünglichen Charakters des Quartiers.
Innerhalb des damaligen Sanierungsgebietes bildet ein Teil der Goethestraße heute zusammen mit Teilen der Adolfstraße und der Heinrichstraße das größte zusammenhängende Ensemble denkmalgeschützter Gebäude in Bremerhaven.